Liebe Maria,
die Reise hat uns heute durch eine weite Ebene zu Füßen des Kun Lai Gebirges geführt.
Die Shado Pan
Das Gebirgsmassiv als eindrucksvolles Panorama begrenzt die Ebene nach Norden, die Ebene selbst ist ein furchtbar unwirtliches Gebiet. Unser Lager ist nicht das einzige Heerlager hier, die Shado Pan sind überall vertreten. Die Shado Pan sind bemerkenswerte Kämpfer, in etwa das Gegenteil von den Raufbolden, die man in den Tavernen sieht und dort ständig über den Krieg und ihre Qualitäten schwadronieren.
Shado Pan sind Pandaren, die sofort eine gewisse Autorität ausstrahlen, aber für mich auch immer eine Traurigkeit, die schwer zu beschreiben ist. Es sind stille Leute, die ihre Aufgabe leben, immer bewusst dass ein übermächtiger Gegner bis zum eigenen Tode bekämpft wird und vielleicht ist es diese Nähe zum Tod, die diese Traurigkeit bewirkt. Es passiert mir immer wieder, wenn ich Shado Pan sehe, dass ich die Gruppe viel zu klein schätze, es ist diese Stille nicht nur in Worten sondern auch in ihrem Tun, die sie mit dem Land verschmelzen lässt, eins mit den Nebeln.
Der Weg auf den Lao uns geführt hat bringt uns immer weiter nach Westen, südlich ist eine große Mauer mit einem riesigen Tor zu erkennen und ich frage mich, auf welcher Seite der Mauer ich stehe. Ist sie zum Schutz der dahinter liegenden Lande errichtet, oder ist es genau anders herum? Lao lächelt wieder nur sein gewohntes Lächeln und vertröstet mich auf später.
Lao .. nach den gestrigen Ereignissen scheint er heute wieder ganz der alte zu sein. Ruhig und ausgeglichen führt er die Gruppe und mit der Zeit genieße ich die klare, kalte Bergluft, die aus dem Gebirge herüber weht. Nach einer Weile scheint die riesige Mauer im Süden, nach Osten zu schwenken und Lao wendet sich nun direkt der Mauer zu.
„Der Schlangenrücken“, beginnt Lao, nicht ohne Stolz, „Die Mauer ist zum Schutz vor den Mantis errichtet und wird von den Shado Pan - den Wächtern auf der Mauer - bewacht. Folgt mir.“ Wir führen unsere Reittiere bis an die Mauer, als wir näher kommen sehe ich ein Tor in den Steinen und Shado Pan Wachen, die davor stehen.
Lao wechselt einige Worte mit den Wachen und sie öffnen ohne ein Wort das Tor um uns eintreten zu lassen. Der Raum hinter dem Tor ist groß und wegen der fehlenden Fenster nur durch eine dünnen Lichtstreif von oben und eine Reihe von Fackeln und Leuchtern erhellt. Je länger ich mich umsehe, desto mehr Shado Pan kann ich erkennen doch sobald ich mich nicht mehr darauf konzentriere sind sie verschwunden, in Nischen im Schatten in den Rauchschwaden der Fackeln. Es ist kaum mehr als leises Murmeln zu hören, obwohl hier sicherlich eine Kompanie dieser Kämpfer stationiert ist.
Lao grüßt den Kommandanten respektvoll und dieser nickt uns freundlich aber still zu. Lao stellt uns vor und fragt den Offizier, ob wir die Mauer betreten dürfen um uns einen Blick auf das Bauwerk und die dahinter liegenden Lande zu ermöglichen. Der Offizier berät sich kurz mit einem Soldaten und willigt dann ein, da die Situation im Augenblick ruhig sei. Er spricht ruhig und sehr ernst als er uns einschärft den Soldaten unbedingt und sofort Folge zu leisten, wenn die Situation sich ändern sollte.
Zwei Shado Pan begleiten uns dann über eine Treppe zur Spitze des Gebäudes, das einen Eckturm der Mauer darstellt. Oben auf der Mauer begrüßt uns ein scharfer eiskalter Wind und ich verstehe augenblicklich, warum die Shado Pan meist bis auf schmale Augenschlitze verhüllt sind.
Das Bauwerk ist gewaltig, über die Mauer könnten sicherlich 8 Reiter nebeneinander reiten und hätten immer noch Platz, sie ist so hoch, dass ein Sturz von der Mauer den sicheren Tod bedeuten würde. Die Länge der Mauer ist nicht zu erfassen. Sie verliert sich in beiden Richtungen in den Nebeln und ich zweifele nicht an Laos Aussage, dass die Mauer die ganze Insel teilt, in die Gebiete der Mantis und den Rest Pandarias.
Nur kleine Bereiche der Länder jenseits der Mauer können wir sehen. Auf der einen Seite das Tal der ewigen Blüten, in dem es riesige Paläste geben soll und in dem noch immer Mogu ihr Unwesen treiben sollen, auf der anderen Seite die Tonlong Steppe, ein weites Grasland. Das eigentliche Kernland der Mantis, Schreckensöde genannt, soll sich noch weiter im Südwesten befinden. Auf der Seite der Tonlongsteppe ist in einiger Entfernung ein großes Lager zu erkennen, aber es scheint verlassen.
Nach kurzer Zeit sind meine Lippen nur noch blaue Striche und auch die Freunde versuchen sich mit ihren Umhängen gegen den eiskalten Wind zu schützen. Alle sind dankbar, als Lao uns bittet, ihm wieder nach unten in den Turm zu folgen. Der Kommandant weist uns eine Nische zu, in der wir lagern und die Nacht verbringen können. Dankbar nehmen wir von den Soldaten eine Schüssel heißer Suppe an und im Gespräch mit den Freunden werden die Eindrücke des Tages verarbeitet, bevor einer nach dem anderen in seinen Schafsack kriecht.
Ich werde Dir morgen weiter berichten Maria, möge das Licht über uns wachen.
Lillie