Schatten in Gilneas - oder - Was beim Licht treibt Eolarios?

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Schatten in Gilneas - oder - Was beim Licht treibt Eolarios?

Beitragvon Eolarios » 16. Dezember 2011, 18:52

Es war ein kalter, verregneter Tag gewesen. Tyldron war endlich mit diesem lahmenden Greif in Gilneas angekommen und hatte ihn sofort fortgejagt, kaum dass er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Eher würde er zurück schwimmen, als sich nochmal auf den Rücken dieses Viehs zu setzen. Wenigstens hatte es mittlerweile aufgehört zu regnen.

Er sah sich um und stapfte durch die Straßen Sturmsiels. Leer war es, die Steine immer noch nass. Die Häuser waren eingefallen, die Holzbalken vermodert und die Mauern kaputt. Angewidert schüttelte er den Kopf. Unter anderen Umständen hätte er sicher einen weiten Bogen um dieses Land gemacht. Es roch nach abgestandenem Wasser und Tod. Tyldron kannte diesen Geruch nur zu gut.

In der Ferne konnte er eine Person ausmachen. Auf die Entfernung konnte er nicht sagen, ob er sie kannte, doch vielleicht war es einer der Forscher, die nach diesem Eolarios suchen wollten. Tyldron atmete tief durch, schob den Hut etwas zurück und setzte ein gezwungenes, aber doch so freundlich wirkendes Lächeln auf. Er trat näher. Die Gestalt entpuppte sich als ein Mann. An eine der verfallenen Mauern lehnend betrachtete Tyldron ihn eine Weile und begann ein Gespräch. Er war tatsächlich einer der Forscher. Als er nähergekommen war, hatte Tyldron ihn erkannt. Nicht an seinem Gesicht, sondern an einem Gefühl. Er hatte auch seine Tür im Gildenhaus berührt. Nissyen Tarsson. Tyldron erinnerte sich an den Namen, aber er war ihm egal.

Es dauerte nicht lange, bis weitere Personen eintrafen. Jeden kannte er mit Namen und es interessierte ihn nicht. Doch auch Lillie traf irgendwann ein. Ein kurzes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, als er sie sah. Die Robe, die sie trug, war zwar recht hübsch, doch verhüllte sie für seinen Geschmack viel zu viel. Doch es blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken. Immer mehr dieser Forscher trafen ein. Zufrieden nickte Tyldron zu sich und stieß sich von der Mauer ab. Er drängte zur Eile, auch wenn er nicht genau wußte, wohin sie gehen müßten. Nur sein Gefühl hatte er, um sich leiten zu lassen.

Nach einigen Begrüßungen ging es dann auch endlich los. Es interessierte Tyldron nicht, worüber sie sprachen oder ob sie ihm glaubten. Nicht wenige verkündeten auch laut eben dieses Mißtrauen. Es war ihm egal. Wichtig war ihm nur, dass sie die Quelle dieser Magie fanden. Er wußte nicht viel über Gilneas, nur das Gröbste. Ein paar Untote hatten es verwüstet und irgendwie waren Worgen eingefallen. Wenn es immer noch gefährlich hier war, könnte ihm die Gruppe sicher gute Dienste leisten. Selbst wenn er sie nur als Kanonenfutter verheizen würde. Seine Stiefel schmatzten leise, als sie von den zerfurchten Steinen Sturmsiels auf den matschigen Boden gesetzt wurden. Tyldron erhöhte sein Tempo etwas, die Anderen würden schon Schritt halten. Es langweilte ihn, so reisen zu müssen.

Sie marschierten durch Witterfront, vorbei an Gilneas Stadt und in die Wälder. Ein einfacher Pfad war es nur noch, dem Tyldron folgte. Immer dem Schatten nach, den er gesehen hatte. Er wußte, wo er ihn finden würde, doch er merkte, wie die Gruppe begann, sich zu langweilen. Sie begannen herumzualbern und sich zu verteilen. Irgendwas mußte er ihnen bieten. Dann erinnerte er sich, während sie den Pfad weiter entlang gingen. In der Nähe war ein Fluß.

Tyldron hatte ihn gesehen, als er in Eolarios' Zimmer gewesen war. Er hatte sich umgesehen. Doch nicht die Sachen, die er dort aufbewahrte. Nein, in seinen Erinnerungen. Er hatte genau gesehen, welchen Weg sie genommen hatten. Er und der Worgen. Der Junge. Sie hatten an einem Haus gekämpft und drei Untote besiegt. Dorthin würde Tyldron die Gruppe bringen. Sie würden sich auf die Spuren stürzen wie Geier auf Aas. Ein kurzes Grinsen huschte über sein Gesicht bei dem Vergleich.

Als der Weg sich teilte, hielt er an und wies die Gruppe an, einen Weg über den Fluß zu suchen. Wieder wurden mißtrauische Äußerungen laut, doch Tyldron ignorierte sie. Irgendjemand fand letztendlich dieselbe Stelle, an der auch die beiden Worgen den Fluß überquert hatten. Zufrieden folgte Tyldron und führte sie zu dem Haus.

Es war alt und verfallen, genauso heruntergekommen wie die in Sturmsiel. Angewidert hielt Tyldron sich zurück. Die Spuren sprachen ohnehin für sich. Wie erwartet dauerte es nicht lange, bis alles akribisch untersucht wurde. Im Schein einer Laterne lagen die verbrannten Überreste dreier Untoter, einem fehlte sogar der Schädel. Auf dem Boden fanden sich nicht viele Kampfspuren. Lange hatte es wohl nicht gedauert. Selbst in einem alten Wagen wurde nachgesehen. Ein paar alte Tropfen Blut fanden sich im Inneren des Hauses, doch interessanter waren die zwei Worgenspuren, die vom Haus weg tiefer in den Wald führten.
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Re: Schatten in Gilneas - oder - Was beim Licht treibt Eolar

Beitragvon Eolarios » 17. Dezember 2011, 17:48

Wieder führte Tyldron die Gruppe weiter, doch er beschloß, sich an die Spuren zu halten. Er brauchte sie noch eine Weile, wenigstens bis er diesen Schatten gefunden hatte. Sie durften nicht fortlaufen. Nun stellte sich auch raus, was es mit der riesigen Mauer auf sich hatte, vor der er die beiden Worgen gesehen hatte. Nissyen und Tyrgand kamen beide aus Gilneas. Sie erwähnten bald den Wall, als das Gespräch wieder auf die Vision kam.

Der Wall. Natürlich, nun wurde es Tyldron klar. Darum hatten sie gewartet und beobachtet. In der Ferne ragte er schon in die Höhe. Durch die Baumwipfel konnte man ihn erkennen. Leicht hob Tyldron die Augenbrauen, dieses Bauwerk beeindruckte ihn doch etwas. Wenn es nur nicht nachgegeben hätte. Man würde es noch etwas verbessern müssen.

Er spürte, dass sie sich der Stelle näherten, die er gesehen hatte. Er spürte, wie die Magie stärker wurde und doch nicht da war. Eine seltsame Mischung, er konnte es nicht deuten.

Vor ein paar Bäumen, die sich nicht von den anderen unterschieden hielt er an. Während die Gruppe die Stelle untersuchte und Tyldron noch versuchte, aus dieser Anwesenheit und dem gleichzeitigen Fehlen des Schattens schlau zu werden, ertönten Geräusche in der Ferne.

Rufe wurden laut und schon wetzte einer dieser Worgen direkt an Tyldron vorbei, durch die Gruppe, die sich überrascht umdrehte. Miserabel sah der aus, das sah Tyldron sofort. Der Kopf war blutverschmiert, Arme und Rücken völlig zerrissen und blutig. Doch er sah auch die drei Untoten, die ihm folgten. Rasch sprang er in Deckung und wies die Gruppe an, dasselbe zu tun, als einer der untoten Wachleute in sich zusammensank. Irgendwas hatte ihm einfach den Schädel weggerissen.

Noch während einer der Forscher zu seinen Waffen griff und auf die anderen beiden Untoten zustürmte, trat auf der anderen Seite der kleinen Lichtung eine Frau zwischen den Büschen hervor. Sie schulterte ein Gewehr und beobachtete das Treiben eher gelangweilt.

Tyldron erkannte sie recht schnell. Madeleine, hatte sie sich genannt. In Sturmwind hatten sie sich kennengelernt und über ihr Kind gesprochen.

Die zweite untote Wache fand recht bald unter den gezielten Schwerthieben des Kriegers ihr Ende. Der Wissenschaftler wollte noch fliehen, verwandelte sich jedoch alsbald in ein zahmes Schaf und wanderte verwirrt umher. Tyldron mußte schmunzeln. Soviel hatte er ihnen nicht zugetraut.

Der Worgen hatte direkt in der Gruppe Schutz gesucht, doch nun da die Verfolger ausgeschaltet waren, schien er seinen Mut wiedergefunden zu haben. Blutend und verletzt wie er war, stapfte er langsam zu dem verwandelten Wissenschaftler. Die Pranken waren zu Fäusten geballt, das Maul jedoch geschlossen. Mit einem Ruck hob er die Fäuste und zerschmetterte noch den Schädel des Seuchenwissenschaftlers in Schafform, als der Worgen sich jedoch im selben Moment in ein verdutztes Schäfchen verwandelte und neben dem toten Wissenschaftler im Gras landete. Schnell quoll Blut aus den Wunden des verwandelten Worgen in das weiße, flauschige Fell, was Tyldron mit Interesse beobachtete. Was sie mit ihm machten, war ihm ohnehin egal. Er wollte weiter, den Schatten finden.

Doch nun entbrannte eine Diskussion. Die Frau mit dem Gewehr, Madeleine, trat sofort an den verwandelten Worgen heran und verlangte, dass der Zauber aufgehoben würde. Da sie sich jedoch nicht einmal vorgestellt hatte, blieben die Fronten recht verhärtet.

Gelangweilt spazierte Tyldron an den Streitenden vorbei und blickte über die Front der Untoten. Nur ein paar Seuchenkessel waren von seinem Platz aus zu erkennen. Ein Hügel verdeckte jede weitere Sicht, was wohl auch besser so war.

Wieder drang Streit an sein Ohr. Ungeduldig drängte er zur Eile. Die Frau packte den verwandelten, noch immer blutenden Worgen und zog ihn einfach mit sich. Immer wieder wurde sie dabei von einem Krieger aufgehalten, der sich ihr in den Weg stellte. Sie war genervt, das merkte Tyldron. Es belustigte ihn. Lillie war es schließlich, die anmerkte, sie sei die Gefährtin des gesuchten Eolarios. Noch immer mißtrauisch wurde ihr jedoch Platz gemacht. Mit einem Kopfschütteln verwies Tyldron auf die nahe Stellung der Untoten.
Zuletzt geändert von Eolarios am 24. Dezember 2011, 09:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Schatten in Gilneas - oder - Was beim Licht treibt Eolar

Beitragvon Eolarios » 19. Dezember 2011, 05:14

In Begleitung der Frau krochen er und einige der Forscher über den Hügel und analysierten die Lage. An einem Seuchenkessel arbeiteten noch sechs untote Wissenschaftler und wurden von nur vier Todespirschern bewacht. Der Rest des Stützpunktes war wie verlassen. Nur in einiger Entfernung, direkt am großen Tor des Walls konnte Tyldron noch eine kleine Einheit Untoter ausmachen. Für ihn war jedenfalls schnell klar, dass er sich nicht die Hände schmutzig machen würde.

Doch dafür war diese Madeleine schon mehr als bereit. Bevor eine Taktik ausgearbeitet werden konnte, legte sie bereits ihr Gewehr an und schoss einem der Todespirscher den Kopf weg. Sofort ertönten Alarmhörner und die Seuchenwissenschaftler begannen am Kessel herumzuwerkeln, während die restlichen Todespirscher geradewegs auf die Gruppe zurannten. Tyldron legte eine Hand auf den Boden, bereit sich zu schützen, doch dieser Krieger von vorher kam ihm zuvor. Hinaifu hatten sie ihn genannt.

Kopfschüttelnd sah Tyldron ihm nach, wie er sich in die Meute stürzte und sofort kräftige Schwerthiebe verteilte. Nützlich war er, aber auch viel zu voreilig. Doch es war Tyldron egal. Wenigstens mußte er sich nicht einmal anstrengen. Nissyen stand plötzlich als Raubkatze mit bei den Gegnern und zerriss sie förmlich in der Luft, Tyrgand unterstützte mit Feuerbällen. Die Todespirscher hatten dem Ganzen nicht viel entgegenzusetzen und fielen bald.

Doch die Wissenschaftler am Seuchenkessel hatten die Ablenkung meisterhaft zu nutzen verstanden. Tyldron hatte sie beobachtet, wie sie am Kessel herumschraubten und irgendwas anbrachten. Kaum, dass der letzte Todespirscher gefallen war, zogen sie sich auch rasch zurück. Es schien fast als würden sie fliehen. Langsam kroch Tyldron zurück, den Hügel hinauf. In weiser Voraussicht, wie sich sofort herausstellen sollte.

Lillie konnte die Beiden kaum noch schützen, als viele kleine Explosionen rund um den Kessel giftigen Seuchennebel freisetzten. Mit letzter Kraft flohen auch Hinaifu und Nissyen zurück zur Gruppe. Wieder wollte Tyldron zur Eile drängen, doch Madeleine kam ihm zuvor.

Ohne viele Worte stürmte sie am Wall entlang weiter, die Gruppe folgte, wenn auch widerwillig. Kurz vor dem Durchgang kamen sie zum Stehen und gingen hinter ein paar Büschen in Deckung. Tyldron konnte drei einzelne Todeswachen ausmachen, Hinaifu war auch schon wieder hingestürmt. Kampfeslärm war wieder zu hören, als Klingen und Knochen aufeinandertrafen.

Doch Tyldron hatte nur Augen für den fast epischen Kampf, den er von seiner Position aus kaum erkennen konnte. Der fand etwas entfernt auf einem Hügel statt. Noch aus dieser Entfernung konnte er die Macht spüren. Ein Schatten, so mächtig, dass er die ganze untote Armee locker in Schach halten konnte. Er mußte einfach dorthin. Mit dem Wesen, das diese Kraft hatte, Kontakt aufnehmen. Wieder legte er eine Hand auf den Boden. Es kostete ihn nicht viel Kraft, eine der Todeswachen von Schattenflammen umschlingen und verbrennen zu lassen, doch er hoffte, dass es reichte. Er durfte auch nicht riskieren, die Forscher gegen sich aufzubringen. Die Tarnung würde er noch brauchen. Einen entsetzten Blick erntete er von einer Gnomin, doch er beachtete sie nicht.

Die übrigen zwei Todeswachen fielen unter dem Feuer des Magiers und der Klinge des Kriegers. Wieder drängte Tyldron zur Eile und sie durchquerten den Durchgang. Doch jetzt ging es ihm nicht mehr darum, diesen Eolarios zu finden und seine Magie, er wollte nur noch die Gruppe dorthin schaffen und zu dem Wesen auf dem Hügel.

Ein einzelner Untoter kam ihnen noch entgegen und machte sich an einem Katapult zu schaffen. Zwei faulige, stinkende Leichenteile wurden ihnen entgegengeschleudert. Fast hätten sie diesen blutigen Worgen getroffen, der immer noch hinter ihnen herlief. Angewidert verzog Tyldron das Gesicht und wollte gerade dafür sorgen, dass auch dieser Untote zu Asche zerfiel, als ihm wieder irgendjemand zuvorkam. Er zuckte nur mit den Schultern und ging, ohne einen weiteren Blick auf den Knochenhaufen zu verwenden, weiter. Die Gruppe folgte.

Unschlüssig wohin sie nun gehen sollten, wollten sie weiter nach Lohenscheit.
Eolarios
 

Re: Schatten in Gilneas - oder - Was beim Licht treibt Eolar

Beitragvon Eolarios » 20. Dezember 2011, 10:33

Doch dort stellte sich ihnen eine weitere Untote in den Weg. Tyldron spürte sofort ihre Magie. Den Schatten, den sie ausstrahlte und wohl zu Nutzen verstand.

Eine Horde kleiner, zerbrechlicher Skelette krochen unter ihrer Beschwörung aus dem Boden und rasten auf die Gruppe zu. Sie waren weder gerüstet, noch bewaffnet, doch es würde wohl nicht gerade angenehm werden, wenn sie sie überrennen würden. Die Gnomin, Lisamarie, hatte jedoch sofort den richtigen Spruch parat und lies Eis herabregnen. Ein Grinsen stahl sich auf Tyldrons Gesicht und zufrieden trat er ein paar Schritte zur Seite. Die würden das schon für ihn erledigen. Vielleicht sollte er öfter in Begleitung reisen. Es war angenehm, andere die Arbeit erledigen zu lassen, später jedoch selbst die Belohnung einzustreichen.

Als die Skelette unter dem Eis zerfielen, legte die Untote jedoch nach. So schnell gab sie nicht auf. Ein Sturm erfasste die Gruppe. Das traf sogar Tyldron unerwartet und zwang ihn in die Knie. Unwillig sich noch weiter um die Gruppe zu kümmern, kroch er hinter einer Mauer in Deckung. Nissyen traf es härter. Er wurde offenbar völlig von dem Sturm überrascht, fiel zu Boden und schlug mit dem Kopf an. Hinaifu wollte sich schon wieder auf die Untote stürzen und konnte nur mit regelrechtem Brüllen von Befehlen zurückgehalten werden. Tyldron entlockte es nur ein schmales Grinsen. Er wunderte sich ohnehin schon, wie der überhaupt soweit hatte kommen können.

Tyrgand versuchte es mit Feuerbällen, die er der Untoten entgegenwarf, doch die wurden einfach reflektiert und rasten zurück. Nur knapp hatte er sich davor schützen können.

Immer interessierter musterte Tyldron die Untote, die mittlerweile völlig in Schatten gehüllt war und ein ganzes Stück über dem Boden schwebte. Es war verlockend, doch er wollte zu dem Schatten hinter dem Wall zurück. Dessen Macht war um ein Vielfaches größer gewesen.

Dafür mußten sie hier weg und die Untote besiegen. Sofort war Tyldron klar, womit man Schatten am Besten bekämpfen konnte. Langsam stand er auf, trat neben Lillie und zog sie mit sich, direkt vor die schattenhafte Untote. Lillie selbst brauchte wohl eine Weile, um zu realisieren, was er von ihr wollte. Oder einfach nur um sich klarzumachen, dass diesmal alles von ihr abhing.

Tyldron war nie stark im Licht gewesen. Viele nannten es einen schwachen Glauben, aber es war einfach sein Desinteresse. Wenn es ihn nicht interessierte, ob sein Gegenüber lebte oder starb, wie konnte er dann seinen Glauben darauf fokussieren?

Immer weiter trieb er Lillie an, versuchte sie sogar zu unterstützen, doch eher mit mäßigem Erfolg. Doch ihre Lichtzauber zeigten immer mehr Wirkung. Letztendlich ließen sie die Untote mit einem gequälten Aufschrei wieder zu Boden fallen. Sie regte sich nicht mehr. Eine Schande, wie Tyldron fand, aber er wollte weiter.

Nun erst fiel der Gruppe erst der am Boden liegende Nissyen auf. Mit Lillies Hilfe und etwas gutem Zureden, begleitet von Tyldrons Drängen, kam er langsam wieder zu sich. Endlich konnte es weitergehen. Einige wollten direkt weiter nach Lohenscheit, doch Tyldron hatte keine Lust mehr auf weitere Kämpfe. Barsch forderte er die Gruppe auf, ihm zu folgen.

Sie marschierten eine Weile durch den Sumpf, die Gruppe verteilte sich etwas, und auch Tyldron hatte keine Ahnung mehr, wo sie eigentlich hinmußten. Seine Vision hatte ihn nur zum Wall geführt, diese verrückte Madeleine hindurch. Nun war sogar er ziemlich ziellos.

Der Worgen, der sie seit dem Vorfall mit den ersten Untoten begleitet hatte, stromerte mittlerweile mehr allein durch den Sumpf. Immer wieder kam er der Gruppe dabei mal näher, dann entfernte er sich wieder. Nahe Tyldron hielt er irgendwann inne und zog etwas aus dem Schlamm. Nach kurzer Betrachtung entpuppte sich das Ding als ein Stück einer Fessel, derselben, dessen Reste dem aufgegabelten Worgen noch umgelegt waren. Der warf sie Tyldron zu. Kaum berührte dieser die Fessel mit den bloßen Händen, durchzuckte es ihn wie ein Blitz. Er taumelte zurück, brauchte einen Moment um sich wieder zu fangen und schloß die Augen.

Wieder flammten die Bilder in seinem Kopf auf. Eine Höhle, in der ein Worgen und ein junger Mann saßen. Keinen von beiden erkannte Tyldron, doch er wußte, dass dieser Worgen Eolarios war. Der Worgen hatte eine Menge verkrustetes Blut im Fell, das Maul war blutig, der Rücken zerfetzt. Das Fleisch war offen, fast hätte man die Knochen sehen können, so tief waren dort die Wunden. Brandwunden zeichneten sich auf dem dunklen Fell ab und ein handtellergroßes, violettes Mal. Es zeigte eine Schlange, die sich um sich selbst windet. Dem jungen Mann mit dem notdürftig geschienten und verbundenen rechten Arm schenkte Tyldron keinerlei Beachtung. Seine ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf dieses Mal. Er spürte, dass der Schatten, den er wahrgenommen hatte, genau davon kam. Doch es verblasste bereits. Einen Moment überlegte Tyldron, ob er diese Vision einfach verschwieg. Doch Eolarios konnte ihn vielleicht zu der Person führen, von der er das Mal bekommen hatte. Dafür mußten diese Forscher ihn jedoch erstmal in Sicherheit bringen und versorgen.

Er öffnete die Augen und wollte die mittlerweile ungeduldig gewordene Gruppe gerade in die richtige Richtung weisen, als er von Madeleine am Kragen gepackt wurde. Zornig funkelte sie ihn an, warnte ihn, dass er sie ja nicht ins Nirgendwo schicken solle und drängte ihn zur Eile.

All das entlockte ihm nur ein müdes Grinsen. Dennoch erhöhte er sein Tempo widerwillig, die Anderen folgten. Vor einem Berg hielt er an, deutete hinauf und wies genervt darauf hin, dass sie ihren Gesuchten oben in einer Höhle finden würden. Der Schatten, den er spürte, wurde schon schwächer, er hatte nicht mehr viel Zeit, wenn er ihn noch finden wollte. Ohne ihre Reaktionen abzuwarten, drehte er wieder ab und lief zurück.

Keiner folgte ihm, sie liefen den Berg hinauf. Zufrieden lief er weiter, dem Schatten entgegen, nach dem er so gelechzt hatte.
Eolarios
 

Re: Schatten in Gilneas - oder - Was beim Licht treibt Eolar

Beitragvon Eolarios » 21. Dezember 2011, 08:51

Seit Stunden saß Eolarios auf dem Steinboden der nasskalten Höhle, die er und Lenien als Unterschlupf nutzten. Nichts trug er mehr am Leib, außer seiner Hose und dem Schwert. Mit der rechten Seite lehnte er an ein paar Felsbrocken, die an der Wand der Höhle lagen. Er versuchte, die Schmerzen wegzudenken, die er spürte. Sein ganzer Körper pochte, sein eigener Herzschlag hämmerte regelrecht in der Lücke, in der vor einem Tag noch ein stattlicher Eckzahn gesessen hatte.

Doch das Schlimmste war sein Rücken. Es fühlte sich noch immer an, als reiße ihm jemand die Haut vom Leib. Etwas Vergleichbares hatte er vorher noch nie erlebt. Lenien war wieder im nahen Wald unterwegs gewesen und hatte ein paar Beeren auftreiben können, die Beide gierig hinunterschlangen. Sie hatten seit fast zwei Tagen nichts mehr gegessen und nur vom Regenwasser gelebt, das sie in Leniens Gläsern gesammelt hatten. Kerzen trug er darin mit sich herum. Warum, verstand Eolarios nicht ganz. Auch ihm hatten sie alles genommen, doch ihn würde es härter treffen als Eolarios. Lenien hatte fast seinen ganzen Hausrat mitgenommen.

Wieder flammten die Bilder vor seinen geschlossenen Augen auf. So oft hatte er es seitdem wieder und wieder durchlebt. Wieder sah er, wie er in den Fesseln hängend aufwachte.

Wieder sah er die sechs Untoten, von denen einer mit einer dreischwänzigen Peitsche in der Hand um ihn herumging und aus seinem Blickfeld trat. Eine andere Untote hatte Lenien gehalten, der in seiner Rabengestalt ebenfalls gefesselt worden war und verletzt vor ihm auf dem Boden festgehalten wurde.

Wieder spürte er den Schmerz, der durch seinen Körper raste, als die metallverstärkten Lederstriemen der Peitsche auf seinen blanken Rücken knallten.

Wieder hörte er sich selbst vor Schmerzen aufbrüllen.

Sieben Schläge hatte er abbekommen.

Siebenmal hatte er aufgebrüllt und sich gegen die Ketten gestemmt.

Mit jedem Hieb hatte er mehr Kraft verloren und hing am Ende nur noch in den Ketten. Eolarios schloß die Augen und schüttelte leicht den Kopf, in der Hoffnung, so die Bilder loszuwerden, wenigstens für den Moment zu vergessen. Doch es half nichts. Sein schmerzender, pochender Rücken trug seinen Teil dazu bei, dass er nicht vergaß.

Müde öffnete er die Augen wieder und blickte zu Lenien. Sie hatten beide seitdem nur wenig geschlafen. All ihre Sachen hatten sie weggeschafft. Wenigstens waren sie dumm genug gewesen, ihm sein Schwert nicht abzunehmen. Es war das Letzte, das ihn noch an Zuhause erinnerte. Das letzte Stück Heimat, das letzte Stück Leben, das er noch besaß. Teilnahmslos saß Lenien da und starrte auf die Wand vor ihm. Eolarios konnte nur raten, was in ihm vorging, doch er wagte nicht zu fragen. Zu groß war in Beiden noch der Schmerz.

Plötzlich hörte er Rufe von draußen, Schritte wurden lauter. Mehrere Personen kamen den kleinen Weg hinaufgerannt, der direkt zu ihrer Höhle führte. Alarmiert sah Eolarios zu Lenien. Der erwiderte seinen Blick und hatte es wohl auch gehört. Kurz schloß Eolarios die Augen und spannte sich an. Er hatte keine Kraft mehr, aber allein seine Worgenform würde vielleicht für einen Schreckmoment ausreichen.

Wieder spürte er das Kribbeln wie von tausend Nadelstichen im ganzen Körper, das ihn schon so verrückt gemacht hatte, seitdem Laonora ihm das Mal auf die Brust gesetzt hatte. Es raubte ihm noch mehr Kraft, verlieh ihm aber gleichzeitig auch welche. Diese Mischung war es, die ihn einfach nur verzweifelt hoffen ließ, dass es wie versprochen wieder verschwinden würde. Er konnte bereits spüren, dass es weniger schmerzhaft geworden war.

Die Schritte kamen näher und Gestalten tauchten am Höhleneingang auf. Seine Augen waren müde und die Höhle war dunkel. Selbst in dieser Form reichte es kaum, um die Personen zu erkennen. Erst als sie näherkamen und er ihre Stimmen hörte, sank er erleichtert und erschöpft an den Felsbrocken etwas in sich zusammen. Die Nebelwanderer, sie hatten ihn gefunden. Wie, wußte er nicht. Aber das war im Moment auch nebensächlich. Wichtig war nur, dass sie hier waren und ihn und Lenien hier wegbringen konnten.

Noch während er die Augen schloß, erklang eine besorgte, vertraute Stimme. Madeleine. Rasch öffnete er die geröteten Augen wieder und blickte auf. Sie umklammerte gerade Lenien und bedeckte ihn mit besorgten Küssen. Schweigend sah er nur zu, wehmütig wünschte er sich, sie würde zu ihm kommen. Für ihn da sein. Die Forscher scharten sich um ihn, betrachteten ihn besorgt. Lillie kniete sich sogar zu ihm und begann, sich um seine Wunden zu kümmern. Doch er spürte nur die Schmerzen und wünschte sich in Madeleines Arme. Warum, warum kam sie nicht zu ihm? Nur widerwillig ließ er sich zurück in die Wirklichkeit holen, beantwortete eher beiläufig die Fragen über das Wie und Warum. Lisa wies die Anderen sogar an, ihn aus der Höhle zu schaffen.

Warum, hatte er nicht verstanden. Er hatte nur etwas von Schatten und Portal gehört.
Eolarios
 

Re: Schatten in Gilneas - oder - Was beim Licht treibt Eolar

Beitragvon Eolarios » 22. Dezember 2011, 04:59

Seine Gedanken hingen immer noch bei Madeleine. Sie hielt sich auf Abstand. Er spürte, dass es ihr nicht gut ging. Besorgt und müde blieb sein Blick auf ihr, als sein geschundener Körper auf Nissyen und Tyrgand gestützt aus der Höhle geleitet wurde. Draußen ließ er sich auf die vom Regen aufgeweichte Erde sinken.

Lisa öffnete derweil in einigem Abstand ein Portal nach Sturmwind. Müde blinzelnd sah Eolarios zu, doch irgendjemand erzählte wieder etwas von Schatten und dass er es vielleicht nicht überleben würde. So schickten sie nur Lenien hindurch. Der wehrte sich, doch Hinaifu begleitete ihn. Als er fort war, überhäuften sie Eolarios wieder mit Fragen.

Nur widerwillig begann er zu erzählen, die Worte wollten einfach nicht über seine Lippen. All die Erinnerungen kamen dabei wieder in ihm hoch, nahmen ihm fast den Atem.

Laonora, wie sie sich in der Nacht in Witterfront so unbemerkt ins Haus bewegt hatte. Sie war ihm wie ein Geist erschienen. Wieder war er dort entschlossen gewesen, sie zu töten. Wieder hatte sie es geschafft, dass er es nicht tat. Er hatte sie berühren wollen und durch sie hindurch gegriffen. Auch da hatte seine Hand geschmerzt. Als er wieder ihre Hände auf seiner Brust spürte, schloß er die Augen. Ein Schmerz wie tausende feinster Nadelstiche war durch seinen ganzen Körper gefahren, hatte sich auf jeden Muskel und jedes Organ gelegt. Es wird dich schützen, hatte sie gesagt. Ich werde bei dir sein. Eolarios wollte es nicht. Nie hatte er es gewollt. Doch sie ließ sich nicht aufhalten, oft genug hatte er es versucht.

Während er sprach, wurde Madeleine immer schweigsamer. Auch sie war auf dem Boden zusammengesunken. Er hielt es nicht mehr aus. Mit letzter Kraft wollte er sich hochstemmen und zu ihr kriechen, sie in die Arme schließen. Sie für all das entschädigen, was er ihr mit seiner Reise angetan hatte. Doch noch bevor er den ersten Schritt tun konnte, wurde er aufgehalten. Alle stellten sich ihm in den Weg, wollten ihn von Madeleine fernhalten. Zornig und enttäuscht hätte er sie fast umgerannt. Er verstand erst nicht, warum sie ihn nicht zu ihr lassen wollten. Sein Schädel dröhnte, die Worte drangen nur langsam zu ihm durch. Schatten, hieß es. Nicht gut für das Kind. Langsam begann er zu verstehen. Vielleicht hatten sie Recht. Er wollte sein ungeborenes Kind nicht in Gefahr bringen, auch wenn er sich noch so nach ihr sehnte. Langsam wich er zurück und ließ sich wieder ins nasse Gras sinken.

Doch Madeleine stand nun ihrerseits auf und kam auf ihn zu. Müde wollte er zurückrutschen, aber sie ließ sich nicht beirren. Endlich. Endlich war sie bei ihm. Er hatte keine Kraft mehr, ihr zu widersprechen und er wollte es auch gar nicht. Behutsam legte er die Arme um sie und lehnte sich an sie. Sein Körper und jede Bewegung schmerzte, doch alles verblasste plötzlich.

Ihr Geruch drang ihm in die Nase, unter seinen Pranken spürte er ihre Haut, ihren Herzschlag. Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihren Bauch. Da war es, er konnte fühlen, wie das Kind wuchs. Es war viel zu früh dafür, doch in diesem Moment machte es ihn glücklich. Träge schloß er die Augen. Die Anderen diskutierten und fragten, doch er hörte es nicht mehr. Nur Madeleines Worten dröhnten auf einmal wie Glockenschläge in seinem Kopf.

Es schmerzt, wenn ich mich wandle. Ich habe Krämpfe, das ist doch nicht normal?

Rasch riss er die Augen auf, besorgt sah er sie an und wollte sie zu den Forschern schieben. Sie sollten sie nach Sturmwind bringen, zu einem Arzt schaffen. Doch die hatten schon ganz andere Pläne. Lillie kniete plötzlich neben ihm. Auch sie wirkte erschöpft. Lisa wies sie zu irgendetwas an. Eolarios verstand es nicht, doch er spürte, wie er von etwas umschlossen wurde. Sofort wurde er hellwach. In letzter Zeit hatte er genug Magie gehabt, er wollte es nicht mehr.

Wieder öffnete Lisa ein Portal nach Sturmwind. Sie alle, selbst Madeleine, bestanden darauf, dass er hindurch geht. Nichts hätte er lieber getan. Als er nach Madeleines Hand greifen und sie mitnehmen wollte, wich sie jedoch zurück. Von Freunden war die Rede, um die sie sich kümmern müsse, doch er duldete es nicht. Er würde sie nicht allein hier zurücklassen. Eher bliebe er selbst dort.

Noch bevor er wieder nach ihr greifen konnte, spürte er einen Ruck, dem er in seiner Verfassung nichts mehr entgegenzusetzen hatte.
Eolarios
 

Re: Schatten in Gilneas - oder - Was beim Licht treibt Eolar

Beitragvon Eolarios » 23. Dezember 2011, 07:27

Eolarios brüllte noch nach Madeleine, als ihm schwarz vor Augen wurde. Sein Körper schien zu zerreißen, sein Kopf dröhnte, die Hände griffen ins Leere.

Vor Schmerzen aufkeuchend schlug er dumpf auf dem Steinboden des Magierturms auf. Regungslos blieb er so liegen, nicht einmal die Augen konnte er öffnen. Es drehte sich alles, sein Körper wollte ihm nicht mehr gehorchen. Zwei Magier, die gerade in eine Unterhaltung vertieft waren, drehten sich erstaunt zu ihm um.

Vermutlich bot er einen grauenhaften Anblick. Immerhin war er immer noch in der Worgengestalt, die er so hasste und die ihn momentan wohl doch vor dem Tod bewahrte. Auch das Fell eben dieser Worgengestalt war immer noch zerfetzt und zerfleddert, nass und blutig.

Wieder rasten seine Gedanken. Es dauerte, bis er sich konzentrieren konnte. Madeleine, schoß es ihm wieder durch den Kopf. Wo war sie. Schritte erklangen hinter ihm, doch er konnte den Kopf nicht heben. Ein lautes Fluchen, gepaart mit einigen Beschimpfungen füllte dann den kleinen Portalraum. Erleichtert atmete Eolarios auf. Freiwillig war Madeleine wohl nicht durch das Portal gegangen, aber sie war hier. Nur das zählte.

Mühsam öffnete er die Augen, sah sich blinzelnd um und erblickte bald auch wieder Lisa und die Anderen. Sie standen vor ihm und sahen besorgt zu ihm hinab. Gerade als er seine Kräfte sammeln und sich hochstemmen wollte, spürte er, wie er leichter wurde. Mit aufgerissenen Augen begann er zu schweben.

Es war genug. Nie wieder würde er irgendwelche Magie in seine Nähe lassen. Er brauchte eine Weile um zu realisieren, was geschah. Dann knurrte er nur wütend. Für mehr fehlte ihm die Kraft. Doch es reichte, um ein paar Drohungen hinabzuschicken. Auch die Anderen hatten nun wohl verstanden, dass er nicht da oben schweben wollte und begannen, auf Lillie einzureden.

Endlich gab sie nach und Eolarios landete wieder mal mit einem dumpfen Knall auf dem Boden. Keuchend und mit letzter Kraft stemmte er sich hoch, wehrte Nissyen und Tyrgand ab, als die ihn wieder stützen wollten. Nur Madeleine ließ er an sich heran, stützte sich aber auch nur widerwillig auf sie. Er wollte sie nicht noch mehr belasten.

Kopfschüttelnd beobachteten die beiden tuschelnden Magier, wie der halbtote Worgen aus dem Portalraum geschafft wurde.
Eolarios
 


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