Zuhause

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Zuhause

Beitragvon Nissyen » 6. August 2011, 19:18

Langsam wurde es unerträglich. Die Welt war dumpf und fahl für seine Silbergrauen Augen und er fühlte die plumpe Schwere seines Körpers wie Bleigewichte an seinem Geist hängen.
Zielstrebig schritt Nissyen durch die lärmerfüllte Strasse und schmunzelte. Wenigstens war in diesem kurzgliedrigen Körper die Nase genau so nutzlos wie die Ohren. Das ersparte ihm den bisweilen etwas strengen Geruch in den Kanälen.
Die grossen Fischtonnen der Angler verströmten einen Duft, der auch für seine Nase nicht gerade schmeichelnd roch.

Als der dunkelhaarige Mann an einem wuchernden Gebüsch an der Stadtmauer angekommen war, blickte er sich suchend um. Keiner war ihm gefolgt. Und so blieb es auch unbeachtet, dass er den Strauch wie eine Tür zur Seite schob und schnell dahinter verschwand.
Ein erleichterter Seufzer entwich Nissyens Lippen, als er endlich in dem Geschützten Raum hinter der Mauer war.
In dem kleinen Innenhof hatte er es sich so gemütlich eingerichtet, wie es eben ging. Die Gemauerten Wände waren mit Kletterpflanzen überzogen, die süss duftende Blüten trugen. Die wenigen Vorsprünge wurden zur Abstellfläche von Kerzen genutzt und eine grössere Ausbuchtung enthielt ein Hölzernes Gestell mit Nissyens wenigem Holzgeschirr.
In der Mitte des Platzes stand ein wuchtiger Baum, der einem schlichten Tisch und einigen Stühlen Schatten und Schärmen bot. Unter seinen knorrigen Wurzeln lagen einige Felle ausgebreitet am Boden.
Unweit von dieser rustikalen Schlafstelle stand eine ebenso einfache Küche. EIne Feuerstelle mit kleinem Kochgalgen, einige Töpfe und Kellen.

Sichtlich entspannter wandte sich Nissyen dem Tor zu. Nach der Sache mit Fidra war er vorsichtiger geworden. Um sicher zu gehen, dass sich keiner mehr in sein kleines Refugium einschlich, befestigte er nun das Gebilde aus Holz und lebendem Grün an der Mauer. Er hatte direkt nach Fidras Besuch die Haken mühsam angebracht und eine stabilere Tür gebaut.

Endlich allein.
Mit einem leisen Knurren kauerte sich der Druide zusammen. Eine Bewegung rauschte wie eine Welle unter seiner Haut entlang und seine Glieder begannen sich zu strecken und dehnen. Dickes, silbergraues Fell spross aus der dunklen Haut und seine Finger verwandelten sich in scharfkrallige Klauen.
Nur augenblicke dauerte die Veränderung... und doch hätte man den Mann von der Strasse nicht wieder erkannt. In dem kleinen Hof stand nun ein Worgen. Mit halb geschlossenen Augen stand das Wesen still da und atmete tief durch. Die Ohren zuckten leicht bei den hereindringenden Geräuschen der Kanäle.

Die Vielfalt der Eindrücke überschwemmte Nissyen. Er genoss diese Flut an Leben, die er nur dann fühlte wenn er sich in die Gestalt eines Tieres begab. Sei es die Katze oder der Wolf... Alle Gestalten, die er gelernt hatte anzunehmen ( oder lernen musste damit umzugehen ), fühlten sich so viel besser an als sein menschlicher Körper. Sein Lehrer in Darnassus hatte ihn immer dafür gelobt, wie leicht es ihm fiel, die Gestalt in die eines Tieres zu wandeln. Doch Nissyen selber hatte es nie als schwierig empfunden. Auch als das Tier in ihm das erste mal ungewollt durchbrach hatte ihn das nicht so sehr verschreckt. Vielmehr hatte er damals schon das Potential dieser Verwandlung gesehen. Während andere sich angeekelt vor ihrem eigenen Spiegelbild abwandten und ihre eigenen Fänge und Klauen fürchteten, lernte Nissyen schnell sie für sich zu nutzen. Die scharfen Sinne des Worgen liessen ihn Feind und Beute früh genug wittern und so in dem von Krieg zerrütteten Land leichter überleben.
Viele nannten es "den Fluch" oder "Die Seuche".... Doch ohne dieses Tier in ihm hätte Nissyen den Krieg um Gilneas nicht überlebt. Wieso sollte es so anders sein, wenn sich ein Druide in eine Katze verwandelte um zu kämpfen, als wenn ein Gilneer sich den Worgen zu Nutzen machte??

Leise brummend schüttelte Nissyen den Kopf und machte sich mit leicht federnden Schritten auf zu seiner Bettstatt. Es war sinnlos, dagegen anzukämpfen. Die Menschen hier fürchteten die Worgen zu sehr. Es interessierte keinen, wer der Mensch unter dem Pelz war. Wenn man die Worgenform erst mal zeigte, wurde man sofort als Monster abgestempelt und manchmal gar gejagt.

Wenigstens hier durfte er sich selbst sein. Versteckt vor den Blicken des verschreckten Volkes hatte er sich hier diesen Raum geschaffen um seine andere Seite nicht verkümmern zu lassen. Wenigstens hier durfte er seine scharfen Sinne spüren und das Leben um sich fühlen. Wenigstens hier würde ihn keiner ein Monster nennen. Wenigstens Hier waren Mauern kein Gefängniss, sondern Schutz.

...Wenigstens hier konnte er sich etwas fühlen wie Zuhause.

Zufrieden rollte sich das grosse Raubtier auf den Fellen unter dem Baum ein und fiel schon bald in einen tiefen Schlaf. Morgen würde er sich wieder in den dunkelhäutigen Mann verwandeln müssen und den Menschen ins Gesicht lächeln, die Worgen wie ihn fürchteten und verschrien. Doch heute und jetzt war er hier. Lebendig und frei.
Nissyen
 

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