von Marlou » 12. Juni 2011, 11:36
Culexas, Bavar und der Beginn einer Idee
Einer Raubkatze gleich stromert sie durch den Wald. Irgendwo hinter ihr gefolgt von Seb. Sie ruft ihn wie üblich nicht, er würde eh nicht kommen. Doch tut er das, was der seit langem nicht mehr unter den Lebenden Weilende niemals widerrufen hat: Auf sie aufpassen.
Vorsichtig bewegt die junge Frau sich weiter, ehe sie ein paar Meter vor sich eine schöne, violette Blume entdeckt, eingebettet in feucht glitzerndem Gras. Leise schleicht sie sich an, als wäre diese Blume ein erschreckbares Wildtier.
Auf sie aufpassen. Das hatte auch Culexas gesagt, er würde genau dies bei ihr tun. Obwohl Marlou solche Worte eigentlich gar nicht mag, hatten sie sich doch gut angefühlt. Aber dann sagte er, dass er abends mit ihr reden wolle, und DAS machte ihr nun doch ein wenig Angst. Hatte sie vielleicht was falsch gemacht, mit Bavar, dem Neuen? Wo sie sich doch wirklich zurückgehalten und nicht jeden seltsamen Satz von ihm hinterfragt hat. Aber ganz so verkehrt kann sie gar nicht gewesen sein, wollte Bavar sie doch unbedingt nach Hause begleiten, auch wenn dies vielleicht auch nur aus seinem „Wacheninstinkt“ heraus geschah. Dieser Umstand war ihr dann allerdings doch etwas gruselig gewesen und sie verabschiedete sich, um den Weg alleine weiter zu gehen.
Bei der Blume angekommen schaut sie sich aufmerksam um und lässt sich dann langsam ins Gras gleiten. „Sag mir, schöne Blume, darf man dich einfach so pflücken oder gibt es hier auch Regeln? Ich meine, sprichst du mit dem, der dich für was auch immer aus der Erde reißen will?“ Marlou wartet geduldig und lächelt dann sanft als sie keine Antwort erhält. „Ich werde das Bavar fragen, er sagte ja er ist Kräuterkundiger.“
Da ihr der Platz gerade so richtig gut gefällt macht sie es sich ein wenig gemütlicher und holt dann das kleine Buch hervor, welches sie heimlich aus dem Gildenhaus mitgenommen hatte. Lauter kurze, hübsche Gedichte, die in ihrer Einfachheit und doch definitver Aussagekraft Marlou irgendwie tief berühren.
Und während sie nun Gedicht auf Gedicht liest, beginnt sich in ihrem Kopf langsam aber stetig eine Idee zu formen ..
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Die Ratte namens Tev und wahrhaft schöne Gedichte!
Irgendwie will sie das Kleid gar nicht mehr ausziehen. Die kühle schwarze Seide schmiegt sich so angenehm an ihre nackte Haut, scheint sie zu streicheln, ja beinahe zu liebkosen. Dass das Kleid nicht ihr gehört ist Marlou dabei gerade egal. Vielleicht sieht sie den Kerl von gestern ja auch nie mehr und dann wäre es eh ihr Kleid, ja, so einfach wäre das.
Leichtfüßig tanzt sie ein wenig durch das Zimmer. Viel zu viele Leute waren da auf dem Ball gewesen, lange konnte man es dort gar nicht aushalten. Aber sie WAR da gewesen und nur das zählt im Moment für sie.
Lachend lässt sie sich nach ihrem alleinigen Tanz neben eine große Schachtel plumpsen, welche sie gestern noch liebevoll ausgestattet hatte, mit Erde, Wasser, einer Schlafhöhle und viel lecker Essen. Der neue Bewohner der Schachtel ist noch sehr klein und alles andere als zutraulich, aber sie hat Geduld.
Irgendwas hat sie gestern nochmal gen Gildenhaus gezogen, zum Schauplatz des Verbrechens! Dort wo die tote Ratte gelegen hatte saß nun auf einmal eine ganz kleine Ratte, und Marlou war sich hier mehr als sicher, dass DAS das Kind der toten Ratte sein musste und das arme kleine Tier nun keinen mehr hatte, der auf sie aufpassen würde. Logische Schlussfolgerung: Marlou musste sie mitnehmen. Und weil diese Tatsache allein nur aufgrund von Tevarions Mord existierte, taufte Marlou die Ratte Tev .. nicht ohne ein klein wenig bösartig dabei grinsen zu müssen.
„Stell dir vor Tev, Culexas wollte mich auf den Ball einladen. Er ist so unglaublich lieb, aber der Hut ist leider nichts für ihn, er sieht ohne ihn besser aus.“ Tev schaut nur ängstlich zu ihr hoch und verschwindet dann in seiner Schlafhöhle, was Marlou nicht daran hindert, weiter zu reden. Endlich wieder wer, der ihr zuhören „mag“. „Und dann ist noch eine Neue zu uns gekommen, ich weiß den Namen grad nicht mehr .. irgendwas mit "A", verträgt Unmengen an Alkohol! Ich glaube die hätte sogar den Zwerg, der auch da war, wie sagt man .. genau, unter den Tisch getrunken. Mhm, sie ist auch eine Draenei, genauso hübsch wie Ischenda und die andere mit "A". Sicher wird sich Culexas die noch genauer ansehen und dann ist er nicht mehr so lieb zu mir.“ Ein tiefer Seufzer entfährt ihr, doch heute ist sie viel zu gut aufgelegt um sich so einer miesen Stimmung hinzugeben. Also steht sie wieder auf und wirbelt erneut durch das Zimmer.
„Wir haben gedichtet, Culexas und ich, willst du die Gedichte hören? Aber lach nicht, sein Gedicht ist ein wenig .. anders. Genau wie er. Ach ich mag ihn.“
Sogleich stellt sie sich in Pose, wirft ihr zersaustes Haar zurück und legt los.
„Erst meins Tev, mal sehen ob es dir gefällt:
Der Himmel über dem Meer
die Möwen fliegen
Das mag ich sehr
wär auch gern aufgestiegen“
Sie lächelt, holt Luft und redet andächtig weiter:
„Nun das von Culexas, horch:
Ein Gnom am See an der Feuerstell
Ein Elf dabei, redet schnell
Hält sich die Ohren zu und hört es kaum
da steht „Der Baum“
Ist das nicht herrlich Tev?“
Ja, der Tag gefällt ihr jetzt schon, und solange sie das Kleid trägt, kann sie auch noch ein wenig träumen, über Dinge, die nicht sind, aber vielleicht ja irgendwann mal sein könnten.